Angestellt, selbstständigerwerbend oder freischaffend?

Angestellt, selbstständigerwerbend oder freischaffend?

Im Kultursektor herrscht häufig Verwirrung über die verschiedenen Formen der Erwerbstätigkeit. Wann gilt jemand als angestellt? Was ist selbstständigerwerbend? Was ist freischaffend? Wer ist Freelancer:in oder freie Mitarbeiter:in?

Massgebend ist die Unterscheidung zwischen selbstständigerwerbend und angestellt

Die Bezeichnungen «freischaffend» oder «Freelancer» sind in der Schweiz keine gesetzlichen Begriffe. Sie werden nur inoffiziell verwendet. Für die Steuerämter und die AHV-Ausgleichskassen gibt es nur den Unterschied zwischen selbstständigerwerbend und angestellt (unselbständigerwerbend).

Der Unterschied bezieht sich nicht auf die arbeitstätige Person an sich, sondern immer auf die Art und Weise, wie sie das Geld verdient. Eine Person kann angestellt und gleichzeitig für übrige Einkommen als selbstständigerwerbend anerkannt sein.

Die Sozialversicherungsbehörden haben den Auftrag, auf alle Erwerbseinkommen die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge korrekt in Rechnung zu stellen, egal, ob aus einer Anstellung oder aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit. Denn für Einkommen aus Anstellungsverhältnissen müssen die Arbeitgeber:innen die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge erledigen. Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit müssen die Selbstständigerwerbenden bei den Behörden selbst melden und die Sozialversicherungsbeiträge selbst bezahlen.

Selbstständigerwerbend – was ist das?

Als selbstständigerwerbend gilt eine natürliche Person, die in eigenem Namen und auf eigene Rechnung handelt und die allein die wirtschaftlichen Risiken ihrer Tätigkeit trägt.

Selbstständigerwerbende, auch Einzelunternehmen oder Einzelfirma genannt, besitzen einen Firmennamen und führen ihre Tätigkeit eigenverantwortlich aus. Sie sind frei in ihrer Betriebsorganisation und kommen für finanzielle Risiken selbst auf. Zum Beispiel, wenn nach getaner Arbeit eine Kundin den Auftrag nicht bezahlt oder wenn ein Auftrag wegen Krankheit oder Unfall nicht ausgeführt werden kann und deshalb ein Verlust entsteht.

Selbstständigerwerbende rechnen die Sozialversicherungsbeiträge selbst ab und sind auch selbst verantwortlich für ihre Alters- und Risikovorsorge. Die anerkannte Selbstständigkeit hat den Vorteil, dass alle geschäftlichen Ausgaben bei der Steuererklärung in Abzug gebracht werden können.

Wirtschaftliche Tätigkeit muss erkennbar sein

Ob jemand als selbstständigerwerbend anerkannt wird, entscheiden die Behörden. Es muss eine wirtschaftliche Tätigkeit erkennbar sein, die nach einem Gewinn strebt. Für die Beurteilung zuständig ist die jeweilige kantonale AHV-Ausgleichskasse, bei der ein Antrag einzureichen ist. Diese prüft, ob der Status der selbstständigen Erwerbstätigkeit anhand bestimmter Kriterien, der sogenannten AHV-Prüfkriterien, anerkannt werden kann.

Zur selbstständigen Erwerbstätigkeit siehe auch unter Einzelunternehmen.

Einzelunternehmen

Angestellt – was ist das?

Angestellte sind unselbstständigerwerbend. Sie sind Arbeitnehmer:innen und unterstehen einem Unterordnungsverhältnis: Sie müssen den Weisungen der Arbeitgeber:in Folge leisten. Als Gegenleistung erhalten sie einen Lohn. Dabei ist es unwesentlich, ob es sich um einen Monatslohn, einen Stundenlohn oder um eine Pauschale handelt.

Zu den Angestellten zählen auch freie Mitarbeiter:innen, Freischaffende und Freelancer:innen.

Arbeitgebende sind gegenüber ihren Angestellten lohnzahlungspflichtig, auch wenn das Geschäft nicht rund läuft oder die angestellte Person erkrankt oder verunfallt.

Genauso wie sich die selbstständige Erwerbstätigkeit an Kriterien festmacht, gibt es Kriterien, die für ein Angestelltenverhältnis sprechen. Die Liste ist nicht abschliessend und kann je nach Ausgleichskasse und kantonaler Praxis unterschiedlich priorisiert werden.

Freischaffend – was ist das?

Freischaffende gelten als angestellt

Freischaffende Personen sind nicht selbstständigerwerbend, sondern Arbeitnehmer:innen mit (häufig) wechselnden, zeitlich begrenzten Anstellungen. Typischerweise freischaffend sind vor allem Künstler:innen, die im Theater, im Film oder im Tanz tätig sind, da sie jeweils für eine Produktion für eine bestimmte Zeit angestellt sind.

Freischaffende haben mit jeder Arbeitgeber:in einen entsprechenden Arbeitsvertrag. Dieser muss nicht schriftlich vorliegen, eine mündliche Vereinbarung oder auch schon die Aufnahme der Erwerbstätigkeit schaffen ein Arbeitsverhältnis.

Dabei werden die Sozialversicherungsabgaben von der Arbeitgeber:in einbezahlt und zur Hälfte vom Lohn bzw. Honorar abgezogen. Es spielt keine Rolle, ob der Lohn oder das Honorar im Stunden- oder Monatsansatz oder als Pauschale (Gage usw.) bezahlt wird.

Checkbox Welche Berufssparten gelten eher als selbstständig, welche als unselbstständig?

Ob eine eine Anstellung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, lässt sich nicht pauschal beantworten und ist im Einzelfall zu prüfen.

Bildende Kunst

Kunstschaffende gelten in der Regel für ihre künstlerische Tätigkeit als selbstständigerwerbend (Eigenproduktion = selbstständig).

Theater, Schauspiel, Tanz

Theaterschaffende, Schauspieler:innen, Tänzer:innen stehen in der Regel für die Dauer des jeweiligen Engagements in einem Arbeitsverhältnis und gelten als angestellt. Falls nicht, dann ist der Erwerb am ehesten dem Auftrags- oder Werkvertragsrecht zuzuordnen.

Bei Eigenproduktionen von Einzelpersonen kann es sich auch um eine selbstständige Erwerbstätigkeit handeln. Bei Eigenproduktionen in Kollektiven ist die Gründung eines Vereins empfohlen, der die Beteiligten anstellt, damit sie sozialversicherungsrechtlich besser abgesichert sind. So ist zum Beispiel im Tanz auch den Choreograph:innen eine Anstellung empfohlen.

Film

Regisseur:innen sind in der Regel angestellt, während Drehbuchautor:innen meist selbstständig arbeiten. In der Romandie sind auch Drehbuchautor:innen häufig angestellt.

Literatur

Autor:innen gelten in der Regel als selbstständigerwerbend, sofern sie unabhängig und über die Ausführung der Arbeit über Inhalte, Produktion, Arbeitszeiten usw. selbst bestimmen können und nicht einer Redaktion, einem Verlag und dergleichen organisatorisch unterstellt sind.

Musik

Musiker:innen befinden sich in der Regel für die Dauer des jeweiligen Engagements in einem Arbeitsverhältnis und gelten als angestellt,

  • zum Beispiel Orchestermusiker:innen
  • Kammermusikformationen
  • Lehrtätigkeit an Musikschulen usw.

Handelt es sich um Eigenproduktionen oder die Erfüllung von Aufträgen, zum Beispiel von Kompositionsaufträgen, Werkverträgen usw., liegt in der Regel Selbstständigkeit vor.

Angewandte Berufe

Berufstätige in angewandten Berufen (Grafik, Design usw.) gelten als angestellt oder selbstständigerwerbend, je nach Situation.